Peter Hippe besuchte den Grundkurs Geschichte der Jahrgangsstufe Q2 von Herrn Klemm
„Vielen Dank, dass Sie uns an Ihren ganz persönlichen Erfahrungen haben teilhaben lassen“, brachte Amina Schöller als Vertreterin des Kurses die spürbare Emotionalität der Schülerinnen und Schüler in ihren abschließenden Dankesworten an Peter Hippe auf den Punkt.
Der gebürtige Hallenser (Halle an der Saale), der seit Jahrzehnten mit seiner Frau in Düren lebt und Anfang März 82 Jahre alt wird, hatte zuvor eine ganze Doppelstunde lang, nur durch wenige Fragen des Kurses unterbrochen, seine bewegende Biografie in der DDR geschildert. Seinen Vater hat er nicht kennengelernt, da er im Krieg verstarb, seine Mutter ist in den fünfziger Jahren ohne ihn in die BRD geflüchtet, sodass er bei seiner Großmutter aufwuchs.
Bei einer „illegalen Reise“ nach seiner Konfirmation nach Freiburg zu seiner Mutter kam er als Vierzehnjähriger das erste Mal in Kontakt mit der Staatssicherheit und den Folgen eines unerlaubten Grenzübertritts, das Abitur wurde ihm verweigert. Bei einem erneuten Ausreiseversuch mit einem als Freund getarnten Stasi-Spitzel wurde er verhaftet, kam in Untersuchungshaft und später in einen Jugendwerkhof, da er noch nicht volljährig war. Die unmenschlichen Haftbedingungen dort konnte er nur durch eine Mitarbeit bei der Stasi entkommen, der er sich nachfolgend aber immer wieder erfolgreich entzog.
Nach der Hochzeit und der Geburt des Sohnes im Jahr 1962 und der Konzentration auf den Beruf sowie des schließlich doch ermöglichten Bauingenieursstudiums in der ersten Hälfte der siebziger Jahre blieb Peter Hippe im Fokus der Staatssicherheit, engagierte sich zunehmend in der Evangelischen Kirche und wurde Opfer der „Zersetzung“ der Stasi, die u.a. falsche Gerüchte in die Welt setzte, um Peter Hippe zu diskreditieren, was misslang.
Nach 17 erfolglosen Ausreiseanträgen wagte Peter Hippe mit engen Freunden und Gleichgesinnten schließlich Ende der achtziger Jahre die Besetzung der amerikanischen Botschaft in Ost-Berlin und wurde infolgedessen von der Bundesrepublik Deutschland freigekauft. Bei der Beschreibung der Zugfahrt in den Westen, in die BRD, war Peter Hippe sehr bewegt, mit stockender Stimme schilderte er den Schülerinnen und Schülern seine Emotionen bei der Fahrt in die so lang ersehnte Freiheit.
Text und Fotos: Marcel Klemm
Die Schülerin Luisa Cosler hat aus ihrer Perspektive einen Bericht verfasst:
Schicksal DDR: Peter Hippes persönliche Einblicke in eine unterdrückte Gesellschaft
Am 05.02.2024 besuchte Peter Hippe (82) den Grundkurs im Fach Geschichte der Jgst. Q2 von Herrn Klemm, um von seinen Erfahrungen in der damaligen DDR zu berichten. Geboren wurde er 1942 in Halle an der Saale und seit 35 Jahren lebt er mit seiner Familie in Düren. Es gibt nur wenige Themen im Geschichtsunterricht, in denen bis heute die Möglichkeit für Zeitzeugengespräche besteht. Umso wertvoller ist diese Erfahrung für die Schülerinnen und Schüler, denn der direkte Kontakt verspricht ein tieferes Verständnis für die Ereignisse und schafft Platz für bewegende Einzelschicksale wie das von Peter Hippe. In einem fesselnden Gespräch schilderte er seine Biografie, geprägt von den Wirren der DDR-Geschichte.
Aufgewachsen bei seiner Großmutter, ohne Vater und mit einer Mutter, die in den Westen geflüchtet war, erlebte er bereits in jungen Jahren die harte Hand des Regimes. Nicht nur wurde ihm mit vierzehn Jahren nach einer „illegalen Reise“ zu seiner Mutter in die BRD sein Abitur verweigert, auch wurde er nach einem weiteren Ausreiseversuch – gemeinsam mit einem getarnten Stasi-Spitzel – verhaftet und in einem Jugendwerkhof in Potsdam festgehalten. Mit diesen „Passvergehen“ beginnt sein Weg der ständigen Verfolgung durch die Staatssicherheit.
Der ausgeübte Druck und die unmenschlichen Bedingungen im Jugendwerkhof waren in seiner Erzählung spürbar. Seine Schilderungen haben uns zutiefst berührt und gefesselt. Dies ist vermutlich der Grund, weshalb während des 90-minütigen Vortrags kaum Fragen gestellt wurden. Peter Hippes Erzählweise, seine Nahbarkeit und Emotionalität fingen die ungeteilte Aufmerksamkeit des Kurses für seinen bewegenden Monolog, der keiner Unterbrechung bedurfte.
Sein einziger Ausweg aus der Haft war damals die Mitarbeit als Spitzel der Staatssicherheit. Er sollte ehemalige Mitschüler und Freunde ausspionieren und nahm das Angebot, in dem Wissen, dass dies kaum möglich sei, da er in seiner Jugend keine engen Kontakte pflegte und viele bereits aus der DDR geflohen waren, an. Auch wenn ihm viele Steine in den Weg gelegt wurden, qualifizierte sich Peter Hippe nach seinem Schulabschluss für ein Studium im Bauingenieurswesen, schloss dieses erfolgreich ab und gründete eine Familie. Der Gedanke an eine Flucht habe ihn und seine Frau hierbei stetig begleitet.
Die Familie Hippe engagierte sich zunehmend in der Evangelische Kirche, nahm an Friedensgebeten teil und traf dort auf Gleichgesinnte. Im Rahmen der „Zersetzung“ in den siebziger Jahren musste Peter Hippe als Stasi-Bekannter und Kirchenvertreter die Diskreditierung seiner selbst und seines Umfeldes fürchten. Dennoch schrieb er 17 Ausreiseanträge, die allerdings allesamt scheiterten und plante mit einer Gruppe die Besetzung der amerikanischen Botschaft in Ost-Berlin, welche letztendlich glückte und zum Freikauf der Gruppe aus der DDR führte.
Der emotionale Höhepunkt des Vortrags war der Bericht über die Zugfahrt in die BRD. Zu Tränen gerührt und mit zitternder Stimme schilderte er die Stimmung im Zug, was uns einen eindrücklichen Einblick in seine Sehnsucht nach Freiheit gab. Zum Schluss appellierte er für den Kampf für Freiheit und Demokratie. Seine Worte werden sicherlich noch lange in unseren Köpfen nachhallen und uns daran erinnern, wie kostbar die Errungenschaften einer freien Gesellschaft sind.
Ein besonderer Dank gilt Peter Hippe für seine emotionale Offenheit und die Bereitschaft, über sein schweres Schicksal zu berichten. Er leistet damit einen wertvollen Beitrag zur Bewahrung der Erinnerung. Indem Zeitzeugen ihre Geschichten teilen, helfen sie dabei, historische Ereignisse lebendig zu halten und das kollektive Gedächtnis zu erhalten. Dies ist besonders wichtig, um sicherzustellen, dass vergangene Ereignisse nicht vergessen werden und aus ihnen gelernt werden kann. Es ist bewundernswert, dass er die schmerzlichen Erinnerungen, zu diesem Zweck, immer wieder hervorholt. Durch seine Erzählweise kann man sich hervorragend in den jungen Peter Hippe hineinversetzten und so ein besseres Verständnis der Unterdrückung durch das Regime erlangen.