Nachdem wir das gewohnte Corona-Test-Procedere hinter uns gebracht hatten, machte sich am Mittwochmorgen, dem 02.02.22, der Geographie LK Bt mit 22 Schülerinnen und Schülern auf den Weg ins Ruhrgebiet. Unser erster Exkursionsstandort sollte die Zeche Zollverein in Essen sein. Die Zeche Zollverein war über 125 Jahre (1851-1986) ein aktives Steinkohlenbergwerk in Essen, mit zwölf Schachtanlagen wurden unter weiten Teilen des Stadtgebietes von Essen unterirdisch die Steinkohlenvorräte abgebaut. Sie war lange Zeit die leistungsfähigste Zeche auf europäischem Gebiet. Mit Teilen der Schachtanlagen (1/2/8/12) und der benachbarten Kokerei Zollverein gehört die Anlage seit 2001 zum Welterbe der UNESCO. Sie ist heute ein Ankerpunkt der Europäischen Route der Industriekultur.
Nach etwas längerer Busanfahrt erreichten wir gegen 10:00 Uhr das sehr weitläufige Gelände auf Essener Stadtgebiet und nach kurzer Orientierung fanden wir auch den zentralen Gebäudebereich. Hier erwarteten uns schon zwei Führer, die uns auf einer kurzweiligen Tour durch die historischen Industriegebäude führten und mit zahlreichen Animationen die Industriegeschichte leicht verständlich erläuterten. Dachten vorher noch einzelne Schüler, dies würde langweilig, so war das Echo am Tage danach doch einheitlich positiv.
Nicht nur „Kohle und Kumpel“ standen im Vordergrund, nein auch der „Strukturwandel der Region“ – für uns Geographen besonders interessant – wurde, da wo es ging, immer wieder eingebunden und von den beiden Führern ausführlich erläutert. Somit konnten wir anhand des historischen Industrieensembles die Arbeitsabläufe für die Kumpel, den Weg der Kohle und die historischen Zeugen in Form von Abraumhalden nachvollziehen. Die beeindruckende und architektonisch herausragende Gebäudestruktur wurde mit ihren historischen Intentionen dabei mehrfach thematisiert.
Während unserer Führung drehten sich auch die Räder über dem Fördergerüst. Eine der Aufzüge ist bei Schacht XII bis heute in Betrieb (in über 1000m Tiefe) und noch über 1200 Mitarbeiter – an der ehemaligen Zeche Zollverein – sind heute mit der Bewältigung der sog. Ewigkeitsaufgaben beschäftigt. Ohne diese stünde das Ruhrgebiet nach Abbau der Steinkohle und den bergbaulichen Senkungsprozessen wohl 20m unter Wasser – so unsere Führer.
Die Ewigkeitsaufgaben werden in drei Bereiche unterteilt:
- Die Behandlung des Grubenwassers in den ehemaligen Abbaubetrieben unter Tage,
- das Pumpen des Oberflächenwassers,
- das Reinigen und Überwachen des Grundwassers im Bereich einiger ehemaliger bergbaulicher Betriebe, insbesondere Kokereien.
Nach den Führungen wurde umgehend unser Bus zum Parkplatz geordert und es ging zügig weiter zum nächsten Standort unserer Exkursion nach Oberhausen. Wir parkten vor dem Gasometer Oberhausen und machten uns auf den Weg ins Centro Oberhausen. Auf dem Gelände der ehemaligen Gutehoffnungshütte (zuletzt Thyssen AG) hatten wir nun das größte Einkaufszentrum in NRW erreicht. Mit inzwischen 125.000 qm Verkaufsfläche ist es in unserer Region mit Abstand das größte Einkaufszentrum. Hier konnten wir nun Kapitel aus unseren einschlägigen Lehrbüchern nachvollziehen, die immer wieder dieses Beispiel des Strukturwandels mit all seinen positiven und negativen Facetten beleuchten.
Stand hier früher ein von der Unternehmerfamilie Haniel gegründetes Stahlwerk (Gutehoffnungshütte – GHH) ging es 1986 im MAN-Konzern als Maschinenbauunternehmen auf. Von dieser langen Industriegeschichte sehen wir heute noch das Gasometer (der ehemaligen Gutehoffnungshütte), welches heute als Ausstellungshalle genutzt wird. Seit Anfang der 1990er Jahre begann nun die Folgenutzung dieser Industriegelände mit dem Bau des „Westfield Centro Oberhausen“ durch eine britische Investorengruppe (Eröffnung im Jahr 1996).
In Kleingruppen konnten die Schüler nun dieses Gelände ausgehend vom Gutehoffnungsplatz am Centro erkunden. Die Mittagspause wurde stilgerecht in der Fast Food Oase am anderen Ende des Gebäudekomplexes verbracht. Hier war für einen Mittwochmittag durchaus guter Besuch festzustellen. Gegen 14.00 Uhr führte uns der Weg nun zum letzten Standort des Tages und zwar zum Hafen und Logport Duisburg. Hatten wir in den letzten Wochen im „Zuge der Globalisierung“ schon den Weg unserer Welthandelsgüter mit dem standardisierten Container – seit 1990 – ausführlich im Unterricht behandelt, ging es nun darum, die Realität im größten Binnenhafen Europas anschaulich kennen zu lernen.
Der Weg führte uns mit dem Bus von der Autobahnabfahrt DU-Ruhrort am Nordhafen und der Stahlinsel vorbei über die Brücken im Hafenbereich, vorbei am Innenhafen und den ersten LOGPORT-Bereichen von insgesamt sieben großen Arealen, über die Brücke der Solidarität nach DU-Rheinhausen. Hohes LKW-Verkehrsaufkommen mit stehendem Verkehr zeigte schon hier die Bedeutung der Hafenanlagen im LOGPORT DUISBURG auf. Der Duisburger Hafen hat sich von einem Umschlagplatz der Montanindustrie nun zu einem wichtigen Logistikstandort in NRW gewandelt.
Hier war nun in Rheinhausen mit dem LOGPORT I (auf über 265 ha) ein weiteres Beispiel für den Strukturwandel – speziell im Zeichen der Globalisierung – zu finden. Schon Ende des 19. Jahrhunderts schrieb hier der Krupp-Konzern mit seinem Stahlwerk Geschichte. Nach dessen Schließung im August 1993 entstand hier seit 1999 ein Logistikzentrum modernsten Zuschnitts. (Gegenüber auf der anderen Rheinseite gibt es mit dem Hüttenwerk Krupp-Mannesmann dagegen noch ein aktives Stahlwerk mit zwei Hochöfen. Die Corona-Pandemie ließ leider für uns im Februar 2022 noch keine Führung zu – wie wir es sonst seit Jahrzehnten im LK-Bereich durchführten.)
Der Exkursionsbereich DU-Rheinhausen war nun u.a ein Beispiel für die sog. „Neue Seidenstraße“ und den damit verbundenen transkontinentalen Verbindungen. Die Bahnverbindung von Duisburg nach China ist schneller als das Schiff und erheblich kostengünstiger als der Lufttransport. Wie keine andere Region in Europa ist der DUISPORT per Schiene mit den wichtigen Wirtschaftsstandorten in Asien verbunden. Wöchentlich kommen ca. 60 Güterzüge mit Produkten an, die entweder zu den Seehäfen (Rotterdam/Antwerpen) oder in die europäischen Nachbarstaaten weitertransportiert werden.
Ergänzend zu Luft- und Seefracht eröffnet die Bahnanbindung nun den dritten Weg: Mit Laufzeiten ab Duisburg zu den Main Hubs in China zwischen derzeit noch zwölf bis 16 Tagen ist die Verbindung über die neue Seidenstraße schneller als das Schiff und zugleich deutlich günstiger als der Transport per Luftfracht. (Duisburg hatte übrigens schon im Jahre 1982 eine Städtepartnerschaft mit Wuhan in China gegründet). Im Logistikstandort gibt es die trimodalen Anbindungen, die einen Transport über Straße, Schiene und Schiff ermöglichen. Die riesigen Containerbrücken und die großflächigen Logistikstandorte wurden mit unserem Bus durchfahren. Global aktive Logistik-Firmen wie Nippon Yüsen, DHL, Kühne & Nagel, Rhenus, DB Schenker wurden passiert.
Station machten wir zu einem letzten Photo am RoRo-Terminal im Logport Rheinhausen. Beeindruckt waren die Schüler vom ausgeprägten Containerverkehr auf allen drei Verkehrswegen – an diesem normalen frühen Mittwochnachmittag. Die Kennzeichen der LKW stammten dabei aus allen europäischen Nachbarländern. Der Rückweg führte uns dann wieder in kurzweiliger Reisezeit zurück nach Düren zum Stiftischen Gymnasium – nach den ganzen Eindrücken war Müdigkeit nun die allgemeine Befindlichkeit.
Text und Fotos: Bt