Bernd und Leopold Mayer waren Schüler des Stiftischen Gymnasiums – bis sie die Schule auf Grund der antijüdischen Gesetzgebung der Nationalsozialisten verlassen mussten. Bernd Mayer (geb. 1924), der sich später Abraham nannte, emigrierte in die Niederlande, wurde 1944 nach Bergen-Belsen deportiert. Nach der Befreiung aus dem KZ emigrierte er nach Israel und gründete eine Familie. Sein älterer Bruder Leopold (Sally) Mayer (geb. 1923) war ebenfalls Schüler des Stiftischen Gymnasiums. Er emigrierte auch in die Niederlande, wurde am 4. September 1944 von Westerbork nach Theresienstadt deportiert und am 29. September 1944 nach Auschwitz gebracht. Er starb im KZ Dachau im Mai 1945, wenige Tage nach der Befreiung des KZ – ebenso wie sein jüngerer Bruder Hans Werner (geb. 1927), der nach seiner Emigration in die Niederlande nach Theresienstadt und dann nach Dachau deportiert worden war.
Am 23. August 2024 besuchte Bernd Mayers Sohn Eitan gemeinsam mit seiner Familie das Stiftische Gymnasium, um zwei Geschichtskurse der Oberstufe zu treffen. Die Familie Mayer folgte einer Einladung von Dr. Achim Jaeger, der im Rahmen von Recherchen zur Lebensgeschichte ehemaliger jüdischer Schüler des Gymnasiums vor einigen Monaten Kontakt zu den Nachfahren von Bernd Mayer aufgenommen hatte. Bernd Mayer selbst war schon 1988 auf Einladung des Geschichtslehrers Bruno Reuter mit Schülerinnen und Schülern am „Stift“ zu einem Gespräch zusammengekommen.
Nach der Begrüßung durch den Schulleiter Ulrich Meyer und einem ersten persönlichen Austausch begaben sich die Besucher aus Israel in den Musiksaal. Dort folgten die Schülerinnen und Schüler sehr aufmerksam den Ausführungen von Doron Mayer, der den Lebensweg seines Großvaters in englischer Sprache nachzeichnete und die Geschichte seiner Familie dokumentierte. In den Vortrag eingebunden war die Rezitation von zwei Briefen in deutscher Sprache. In den Briefen beschreiben Angehörige der Familie Mayer ihre Lebenssituation in Düsseldorf kurz vor ihrer Deportation bzw. es richten die Brüder Hans Werner und Leopold im September 1944 aus Theresienstadt Abschiedsworte an ihre Eltern. Den zuhörenden Jugendlichen wurde die Bedeutsamkeit der beiden Quellen deutlich und sie hatten im Anschluss Gelegenheit zu Fragen und Diskussion.
Nach einer kurzen Pause begab sich die Familie gemeinsam mit dem ehemaligen Bürgermeister Paul Larue, Ehrenbürger der Stadt Düren, und Dr. Achim Jaeger zur Bonner Straße 8, wo ehemals Viktor Mayer und seine Frau Johanna, geb. Hecht, gemeinsam mit ihren drei Söhnen wohnten und die Landwirtschaftliche Maschinenhandlung David Mayer ihren Firmensitz hatte. Heute erinnern drei Stolpersteine an die früheren Bewohner Viktor Mayer und seine Söhne Hans Werner und Leopold. An der Binsfelder Straße führte wenig später Ludger Dowe die Besuchergruppe über den jüdischen Friedhof. Hier suchte die Familie die Grabstellen ihrer Vorfahren auf.
Am Mittag kamen Eitan Mayer und seine Familie mit dem stellvertretenden Schulleiter des Stiftischen Gymnasiums, Dr. Thomas Rubel, sowie mit Neomi Naor zusammen. Diese hatte vor vielen Jahren in Israel ein Interview mit Bernd (Abraham) Mayer geführt. Die Ergebnisse flossen ein in das Buch „Erinnerung“, welches die Geschichte der Jüdinnen und Juden in Düren von 1933 bis 1945 dokumentiert, lange vergriffen ist und eine Neuauflage verdiente.
Den Abschluss des Programms bildete ein Empfang im Rathaus, wo Bürgermeister Frank Peter Ullrich die Familie Mayer herzlich willkommen hieß und mit ihr ins Gespräch kam. Damit endete der denkwürdige Tag, an dem die Familie Mayer erstmals in Düren war, um nach ihren Wurzeln und Spuren zu suchen.