Den ersten Arbeitsfreitag im November nutzten die Biologen des Stiftischen, um sich im geographischen Nahraum fortzubilden. Das Wetter hatte es an diesem Tag gut mit uns gemeint und nach sehr regenreichem Monatsbeginn durften wir einen trockenen Novembernachmittag genießen. Am Sportplatz in Soller erwartete uns schon Herr Rene Mause von der Biologischen Station Düren, um uns mit den Besonderheiten und den aktuellen Entwicklungen in diesem Juwel vor der Dürener Haustüre vertraut zu machen.
Es ist mit 670ha eines der größten und bedeutendsten Naturschutzgebiete unserer Region. Hier verbirgt sich im Übergangsbereich zwischen der Niederrheinischen Bucht und der Eifel ein nationales und europaweites Schutzgebiet einer vielfältigen Heidelandschaft. Der Boden der Landschaft besteht weitgehend aus einem Wechsel von Sand- und Kiesflächen einer erdgeschichtlichen Flusslandschaft – darauf deuteten die starken Rundungen der Kiese hin.
Das Gebiet hat eine gut 100-jährige Geschichte als Truppenübungsplatz und wurde bis Ende des Jahres 2004 von den belgischen Streitkräften als Übungsplatz (u.a. im Panzerfahrbetrieb) genutzt. Die militärische Nutzung hat dann auch für die Entwicklung einer differenzierten Offenlandschaft mit unterschiedlichen Lebensräumen gesorgt. Ziegenmelker, Heidelerche und Neuntöter sind hier vorkommende Arten, die durch die EU-Vogelschutzrichtlinie besonders geschützt sind.
Rotschwingel-Rotstraußgras-Magerrasen nehmen im Schutzgebiet Flächen von über 70 ha ein. Diese Vegetationseinheiten würden langfristig durch die Besenheide vollständig erobert werden. Aus den angrenzenden Randgebieten würden sich in wenigen Jahren die Eichen-Birken-Mischwälder in diesen Raum ausbreiten. Die Offenflächen wären verschwunden und mit ihnen alle dort ansässigen Tier- und Pflanzenarten – die Besenheide würde mannshoch wachsen.
An den fast 700 Kleingewässern und Fahrspuren wachsen die Zwerge der Heide, das sind kleinste oft nur wenige Zentimeter groß werdende Pflanzen wie Faden-Enzian, Zwerg-Lein, Acker-Kleinling und Sandbinse. Biologe Mause konnte uns die Arten und ihre Standorte demonstrieren – aus Deutschland und Europa reisen sogar interessierte Menschen an, um die Arten im natürlichen Lebensraum zu sehen.
Vergessen werden darf natürlich auch nicht die Amphibien-und Reptilienfauna (10 Arten) des Schutzgebietes – erwähnenswert sind hier besonders die großen Populationen der Kreuzkröte und des Laubfrosches. An den Gewässern sind ebenfalls 21 Libellenarten heimisch. Echte Besonderheiten sind hier auch zwei Urzeitkrebschen, die in den austrocknenden Gewässern der Heide vorkommen und denen auf unserem Rundwanderweg eine eigene Infotafel gewidmet war.
Um all diese Landschaften zu erhalten, muss der Mensch pflegerisch unterstützen. Vor Ort konnten wird Schottische Hochlandrinder und Thüringische Waldziegen bei der Arbeit beobachten – einzelne wurden uns namentlich vorgestellt. Auf über 150 ha weiden diese Tiere, um die offene Landschaft zu erhalten bzw. das Wachstum der Heide zu begrenzen. Daneben muss der Mensch ergänzend die sich besonders stark ausbreitenden Pflanzen roden – z.B. die Birken. Systematisch wird auch in wechselnden Arealen Feuerrodung betrieben – hierzu reisen Mitarbeiter der Arbeitsgruppe Feuerökologie von der Uni Freiburg an.
Die vielfältigen Lebensräume durften wir alle vor Ort erwandern und bekamen sie ausführlich von Herr Mause erläutert – besonderer Dank an ihn. Die Stiftischen Biologen haben so einen ausgesprochen interessanten Raum auf dem Gemeindegebiet von Vettweiß und Kreuzau kennengelernt. Schülerexkursionen mit den Ökologiekursen oder Wandertage haben somit ein hochwertiges Ziel gefunden. Ausgeklungen ist der Abend dann in unserem Lieblingsrestaurant in Nideggen.
Text und Fotos: Bt