Das Schreiben auf der Zeitachse war charakteristisch für den renommierten Schriftsteller Dieter Kühn, der 2015 im Alter von 80 Jahren verstorben ist. Die Stadt Düren würdigte den Autor, der 1955 sein Abitur am Stiftischen Gymnasium ablegte und den so viel mit der Stadt Düren und dem Dürener Land verband, am 15. März 2016 posthum mit einer ganz besonderen Veranstaltung im Leopold-Hoesch-Museum. Konzipiert war der Abend als Dreiklang von Literatur, Kunst und Musik.
In seiner Begrüßungsrede erinnerte Bürgermeister Paul Larue zunächst an Dieter Kühn und dessen Engagement als Dürener Bürger. Insbesondere das Heinrich-Böll-Haus hat der Autor über lange Jahre unterstützt. Im Namen der Stadt sprach der Bürgermeister zudem allen, die zur Gestaltung des Erinnerungsabends betrugen, einen herzlichen Dank aus. Nicht zuletzt durch die freundliche Unterstützung der Sparkasse Düren konnte ein hochklassiges Programm zusammengestellt werden.
Dr. Achim Jaeger erläuterte zunächst das Motto „Schreiben auf der Zeitachse“, das Bezug auf einen Essayband Dieter Kühns nimmt sowie auf eine große Werkschau, welche zur 1250-Jahr-Feier der Stadt Düren in der Stadtbücherei gezeigt wurde. Auf der Zeitachse in allen Richtungen unterwegs, spielte der Autor in außergewöhnlicher Weise mit Sprache und Literatur: präzise, einfallsreich, neue Horizonte und Perspektiven eröffnend. Mit ganz unterschiedlichen Methoden, die ein großes Spektrum formaler Möglichkeiten umfassten, hat Dieter Kühn biographisches Erzählen an vielen historischen Figuren erprobt und zu großer Meisterschaft gebracht. Das Kühn’sche Schreibkonzept wurde in dem einleitenden Vortrag auch erklärt anhand eines „mittelalterlichen Computers“, der aus Holzscheiben unterschiedlicher Größe besteht und mit merkwürdigen Kürzeln beschriftet ist, die sich aus Buchstaben und Ziffern zusammensetzen. Dieter Kühn hatte sich dieses Gerät in Nideggen bauen lassen und seine Autobiographie auf Basis der kombinatorischen Möglichkeiten strukturiert. Als Kurator der Veranstaltung begründete Dr. Jaeger zudem die repräsentative Auswahl an Texten, die im Anschluss von dem professionellen Sprecher Bernt Hahn in tief beeindruckender Weise rezitiert wurden: Passagen aus dem ersten Roman „N“ und aus der Biographie „Ich Wolkenstein“ stellten dem Publikum exemplarisch Meilensteine des Werks und die Kühn‘sche Schreibart vor. Auszüge aus den autobiographischen Büchern „Das magische Auge“ und „Die siebte Woge“ ließen den Zeitzeugen Dieter Kühn zu Wort kommen und gewährten zugleich Einblicke in die Arbeit des Schriftstellers.
Dr. Lorenz Peter Johannsen, der Dieter Kühn über Jahrzehnte freundschaftlich verbunden war, charakterisierte den Autor anhand des berühmten Fragebogens der FAZ, wobei er persönliche Kommentare einfließen ließ. Im zweiten Teil las Bernt Hahn unter anderem Passagen aus Dieter Kühns Autobiographie „Das Magische Auge“ so eindrücklich vor, dass beispielsweise die Trümmerlandschaft der zerstörten Dürener Altstadt den Zuhörern geradezu plastisch begreifbar wurde.
Von herausragender Qualität war auch das Musikprogramm, das Lars Vogt und Anna Reszniak gestalteten. Sie boten eine grandiose Aufführung von Beethovens „Kreutzersonate“, die ursprünglich einmal George Bridgetower zugeeignet gewesen war. Der Entstehung dieses Stücks hatte Dieter Kühn, der Beethoven zu seinen „Hausheiligen“ zählte, einmal den Roman „Beethoven und der schwarze Geiger“ gewidmet. Zum Abschluss wurde ein Teil aus der Fragment gebliebenen Übersetzung von Dante Alighieris „Göttlicher Komödie“ zu Gehör gebracht und mit einer Bagatelle Beethovens klang der Abend aus. Den zahlreichen Besuchern wird die Hommage an Dieter Kühn in ebenso guter Erinnerung bleiben wie der Autor.